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23:20:36 14.04.2014 kabi |
Spätestens wenn die Zahl der mit "klick" endenden Startversuche höher wird als die Zahl erfolgreicher Starts, ist es an der Zeit, sich dem Anlasser zu widmen. Genauer gesagt dem daran angebrachten Magnetschalter. Speziell geht es um das Teil von Marelli (meiner stammt vom 1991er 1000 Bosch i.e.), denn der gilt als nicht einfach zerlegbar, wird daher i.d.R. nicht repariert sondern ausgetauscht. Oder man lässt sich auf Gebrauchtanlasser wie auch immer gearteten Zustands ein. Was beides nicht sein muss, sofern Lötausrüstung vorhanden. Wie? Das sehen wir jetzt: Ausbau Anlasser: Der Anlasser sollte ausgebaut werden, denn eine der drei kleinen Muttern (SW 8), die den Magnetschalter am Anlassergehäuse halten, wird vom Getriebegehäuse so ungünstig verdeckt, dass, sollte man sie doch losbekommen, spätestens der Zusammenbau fummelig wird. Dann baut ihr den Anlasser ggf. doch aus, also macht das lieber gleich. Vorher bitte unbedingt die Batterie abklemmen , sonst gibt es beim lösen der Elektrik am Magnetschalter Feuerwerk. Danach das dünne Steuerkabel von der Steckfahne am Magnetschalter abziehen und die dicken roten Batterie-Pluskabel abschrauben (Mutter SW 13). Sie sind mit einer Gummikappe abgedeckt. Auf untergelegten Federring und U-Scheibe achten. Anschließend drei Befestigungsschrauben Sechskant SW 13 lösen, die den Anlasser am Getriebe halten. Mit der unteren Schraube ist gleichzeitig das Massekabel der Batterie am Getriebe befestigt. Gute Gelegenheit, diese Masseverbindung zu säubern und das Massekabel durchzumessen. Die mittlere Schraube hält zusätzlich eine Kranöse und eine Klemme für Gaszug und Kühlmittelschlauch. Nun wird der Anlasser aus dem Getriebe gezogen und je nach Platzverhältnissen nach oben oder unten aus dem Motorraum gefädelt. Ausbau Magnetschalter: Vom Magnetschalter das kurze dicke Kabel abschrauben (Pfeil), welches im Anlassermotor verschwindet (Mutter SW 13, Federring, 2 U-Scheiben). Dann vorn am Anlassergehäuse 3 Muttern SW 8 lösen und Magnetschalter nach hinten abnehmen. Dabei drückt die große, aber nicht allzu starke Feder. Der Eisenkern bleibt ggf. an der Einrückgabel (Pfeil) des Anlassers hängen, kann aber leicht herausgenommen werden. Gefahr, dass Teile in den Anlasser fallen besteht nicht. Die freigewordenen Teile sehen dann so aus, links der Magnetschalter, rechts der Eisenkern, oben die Feder: Bis hier war alles sauber und gängig, was den Verdacht auf den elektrischen Bereich des Magnetschalters bestätigt. Zerlegen Magnetschalter: Hinten sehen wir am Magnetschalter eine schwarze Kunststoffkappe mit zwei Kreuzschlitzschrauben. Die ebenfalls vorhandenen Muttern SW 13 an den kupfernen Anschlüssen können schon mal gelockert werden, weil man das Teil jetzt noch gut mit der Hand festhalten kann. Aber sie haben erstmal nichts mit dem Öffnen des Magnetschaltergehäuses zu tun und kommen später an die Reihe. Sind die Kreuzschlitzschrauben gelöst, lässt sich der schwarze Deckel trotzdem nicht vom Korpus trennen. Er hängt noch fest an den beiden massiven Anschlussdrähten der Magnetspule. Diese wurden im Werk von außen verlötet, nachdem der Deckel mit dem Korpus verschraubt wurde. Also müssen wir jetzt den umgekehrten Weg gehen, und zunächst die Anschlüsse entlöten, damit der Deckel abgeht. Wer den Deckel mit Gewalt entfernt, bricht unweigerlich die Spulenkabel ab. Ich habe die Lötstellen mit dem Lötkolben erwärmt und flüssiges Zinn so weit wie möglich abgeschüttelt. Entlötlitze wäre auch eine Möglichkeit. Anschließend die flach liegenden Drahtenden senkrecht aufrichten (Pfeil). Dabei das Zinn mit dem Lötkolben flüssig halten, aber auch nicht so heiß machen, dass in der Spule die Isolation durchbrät. Das Zinn bekommt man nicht restlos entfernt, der Deckel hängt weiter an den Drähten, sobald das Zinn erstarrt. Also wird der Deckel schrittweise abgehoben, indem man die beiden Lötstellen abwechselnd erhitzt. Unterstützend drückt von innen die Feder der Kontaktplatte gegen den Deckel. Nach zwei bis drei Schritten ist der Deckel frei, ohne die Spulendrähte beschädigt zu haben. Auf die runde Gehäuse-Gummidichtung achten. Zinnreste vom Deckel entfernen und die Löcher für die Drähte freimachen, damit am Ende der Zusammenbau leichter klappt. Ist alles offen, wird das Funktionsprinzip klar. Beim Dreh am Zündschlüssel zieht die Magnetspule den Eisenkern an, dabei rückt er über die Gabel das Anlasserritzel in den Anlasserzahnkranz des Schwungrads, und drückt am Ende seines Arbeitsweges auf die elektrische Kontaktplatte. Der Stromkreis zur Batterie ist geschlossen, der Anlasser läuft an und dreht den Motor. Erkennbar ist auch der Grund, warum es beim Einrückvorgang ( "klick" ) blieb, aber der Anlassermotor nicht anlief. Die Kontaktbrücke und ein Kontakt im schwarzen Deckel sehen noch ganz gut aus. Aber der andere Kontakt ist flächendeckend verzundert. Überarbeiten der Kontakte: Die zuvor gelösten Kupferbolzen werden nun aus dem Deckel genommen, dabei auf Unterlegscheiben achten. Es handelt sich um Sechskantschrauben. Unter ihre Köpfe sind zur Abdichtung noch dünne Kunststoffscheiben gelegt. Die Zunderschicht wird entfernt, bis keine Einbrandstellen erkennbar sind. Es geht auch auf der Ständerbohrmaschine oder manuell, wobei die Oberfläche plan sein muss, damit später die Kontaktplatte flächig aufliegt. Die Kontaktplatte wird mit Schleifleinen auf einer planen Unterlage abgezogen, bis alle Einbrandstellen beseitigt sind. Oder man dreht sie einfach einmal um und benutzt die quasi neuwertige Rückseite. Ich habe die Platte abgezogen. Das geht besser, wenn sie von dem Kunststoffhalter abgenommen wird. Will man sie umdrehen, muss man das ohnehin tun. Ist aber etwas fummelig, weil dazu drei Rastnasen an einer Kunststoffhülse gleichzeitig aus einer Kunststoffrille gehoben werden müssen, ohne etwas abzubrechen. Das gelingt, wenn man mit passendem Schraubendreher leicht in die Zwischenräume hebelt. Aufpassen, dass die Federn und Scheiben nicht davonfliegen, wenn sich das Teil löst. Überarbeiteten Kontaktsatz wieder zusammenstecken: Vorläufiger Zusammenbau und Schaltfunktion testen: Kontaktplatte in die Spule setzen, Deckel über die Drähte fädeln und Kreuzschlitze verschrauben. Die Gummidichtung nicht vergessen. Die Drähte sind unterschiedlich dick, ebenso die Löcher im Deckel, daher passt der Deckel nur in einer Position. Jetzt noch nicht verlöten, sondern erst die Schaltfunktion testen. Dazu Widerstandsmessgerät zwischen die Kupferschrauben schließen, den Eisenkern in die Spule stecken, kräftig drücken. Am Ende des Weges muss der Kontakt schließen = der elektrische Widerstand gegen Null gehen. Da Material abgenommen wurde, ist der erforderliche Weg einen Tick länger geworden, bis die Kontakte schließen. Also muss getestet werden, dass die Kontakte sicher schließen, bevor der Eisenkern an seinem Endanschlag in der Spule angekommen ist. Das ist beim Eindrücken des Eisenkerns spürbar, da er am Anfang leichter reinzudrücken ist, und auf dem letzten Stück die Gegenkraft der gefederten Kontaktplatte überwunden werden muss, nachdem sie auf den Kontakten aufliegt. Dieses letzte Stück sollte noch ca. einen Millimeter betragen. Ist das nicht der Fall, den Deckel noch mal abnehmen und den Schaltpunkt durch Unterlegen der Kupferschrauben noch etwas regulieren. War aber bei mir aber nicht notwendig, es wurde nicht viel Kontaktmaterial abgetragen. Zusammenbau final: Jetzt werden die Enden der Spulendrähte wieder umgebogen und verlötet. Ich hatte kurz überlegt, die Drähte nicht wieder umzubiegen und den verbleibenden Überstand abzuknipsen, damit man vielleicht später mal den Deckel leichter abbekommt. Aber mit der dann geringeren Überdeckung würde die mechanische Stabilität der Lötstellen geringer. Und so hab ich das wieder so gemacht wie es war, der Hersteller wird sich schon was dabei gedacht haben. Der restliche Zusammenbau und Wiedereinbau läuft dann umgekehrt wie der Ausbau. Zweckmäßig schaut man bei der Gelegenheit auch nach dem Anlassermotor selber (Lagerstellen, Einrückmechanismus, Kollektor, Bürsten, usw.) aber das ist eine andere Baustelle. Beim festschrauben des Anlassers das Massekabel nicht vergessen. Ist alles OK, startet er wieder wie neu. Auch wenn es kompliziert klingt, ging die Arbeit in der Praxis schneller, als diesen Beitrag zu schreiben, einziger Knackpunkt ist die Löterei, alles andere ist bei "zerlegbaren" Magnetschaltern auch nicht anders, und der Marelli bietet "Fleisch" für mehrere Instandsetzungen. Von daher schade, das im Grunde massive Teil wegen des geringen Defekts auszutauschen. Also ans Werk und Gute Fahrt! |
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23:33:46 14.04.2014 netghost78 |
Perfekt kabi, wie immer. Aber sollte das nicht eher in der FAQ stehen? |
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23:51:43 14.04.2014 college |
da hab ich doch gleich mal den "gefällt" button betätigt! vllt. könnte man noch hinzufügen, das es ein kräftiger lötkolben sein sollte, ich habe für solche missionen einen mit 100W. und eine entlötpumpe. top sache. gruß, stefan |
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00:15:33 15.04.2014 kabi |
Ja, korrekt, hatte ich tatsächlich vergessen zu erwähnen. Der Lötkolben sollte tatsächlich idealerweise etwas Bums haben, weil doch recht viel Metall erwärmt werden muss. Dann sinkt auch die Einwirkzeit und die Gafahr für die Spule. Meiner hatte nichtmal die Hälfte, ging gerade noch so. Entlötpumpe ist natürlich topp. @ng: Ich stells auch als FAQ, aber man denkt nicht an alles und evtl. gibt es noch Tipps die zu ergänzen wären. Ich mach jetzt aber erstmal Schluss... Grüße Kai |
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00:16:48 15.04.2014 netghost78 |
Zitat: evtl. gibt es noch Tipps die zu ergänzen wären. recht hast du. Zitat: Ich mach jetzt aber erstmal Schluss... Jep, schlaf gut. |
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11:02:17 15.04.2014 mannikiel |
Feine Sache, tolle Doku, alle Daumen hoch! | |
22:49:35 20.04.2014 gast |
Toll gemacht, Hut ab und Tipps die zu ergänzen wären? Eine anständige Entlötpumpe kann man auch zur Prüfung von kleinen Unterdrucksystemen (Dichtheitsprüfung, Funktionstüchtigkeit und bedingt auch hilfreich beim Bremsen entlüften sein) verwenden. Da lohnt sich eine Anschaffung schon mehrmals. 100W Lötkolben - wenn man sich einen extra für diesen Arbeiten anschaffen muß und später sonst nicht viel mit diesem weiter zu tun hat, dann macht dieses Gerät hier evtl. mehr Sinn. Für größere Lötpunkte wie oben durchaus verwendbar und es lassen sich später evtl. sogar kleinere Rostflächen bzw. Kanten sehr gut und Punktgenau damit verzinnen z.B. Wollte das nur erwähnen, weil, hier hat sich jemand mit der Doku sehr viel Mühe gegeben. Es wäre Schade wenn man das unter dem Aspekt der Anschaffungskosten für die zwei dafür benötigten Gerätschaften einfach so als unwirtschaftlich abhandelt, obwohl man sich durchaus mit solchen einfachen Arbeiten den einen anderen Euro über lang einsparen kann. |
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11:01:43 21.04.2014 college |
ich hab den 100er, weil ich früher tiffany lampen gebaut habe. die spitze ist schon 2cm kürzer, so viel lot hab ich schon drübergeschoben. gruß, stefan |
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22:21:39 21.04.2014 Bibbe |
Druckluftpistole geht auch um eine Lötstelle vom Lot zu befreien... NUR mit Schutzbrille!!! Ansonsten: Beschreibung wie aus dem Lehrbuch, supi! |
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